Über den Herbst und die Schatten
Folgendes Bild bei einem Spaziergang vor ein paar Tagen zeigte sich mir. Es war kurz vor dem Eindunkeln, ich hatte beschlossen, noch rauszugehen, hinauf in Richtung Wald. Da oben angekommen setzte ich mich am Wegrand hin. Ich merkte, dass es erst jetzt still in mir drin wurde. Im Aussen war es bereits lange ruhiger geworden, die Strasse war weiter entfernt und es waren auch keine Menschen hier. Doch eben, erst nach einigen Momenten wurde es auch still in mir drin. Die vielen verschiedenen Gedanken des Tages wurden ruhiger. Und dann – konnte ich die Blätter fallen hören. Bemerkte, dass der Wald alles andere als still war. Mehrmals dachte ich, jetzt kämen Spaziergänger vorbei oder da wären Tiere, doch jedesmal wenn ich hinsah, sah ich nur die fallenden Blätter. Es war, als ob der ganze Wald lebte.
Aber nun zu dem Bild, weswegen ich diesen Text schreibe. Es war auf dem Nachhauseweg, wo ich aus dem Augenwinkel sah, wie ein helles Blatt auf ein schwarzes Blatt trifft. Seltsam, oder? Ich drehte meinen Kopf, schaute genauer hin und sah gerade noch, wie das herabfallende Blatt auf dem Boden ankommt. Das schwarze Blatt war nichts anderes gewesen als sein Schatten. Für mich hatte dieser Schatten für einen kurzen Moment ausgesehen wie ein Gegenstand, ein zweites Blatt, jedoch ganz in schwarz.
Beim Weitergehen dachte ich über diesen Moment nach. Wie metaphorisch das doch für diese Zeit war, wo sich so viele Schatten auf der Oberfläche zeigten. So als wären sie nicht nur Schatten, sondern materialisiert. Die vielen Ängste und Sorgen, Neid, Missgunst, Schmerz, Trauer und viele andere der „vermeintlich negativen“ Gefühle gehören dazu. Bestimmt ist es auch der Herbst, der dazu beiträgt, dass jeder einzelne seine Schatten vermehrt wahrnimmt. Die Leichtigkeit des Sommers, wo die Sonne noch so vieles überstrahlen konnte, ist vorbei. Es scheint, als wäre es an der Zeit, hinzuschauen und seine Schatten anzuerkennen. Damit die Gefühle, die bis dahin nicht sein durften und sich nicht zeigen durften, wahrgenommen werden. Es ist dann, wie wenn das Objekt – das herunterfallende Blatt – auf seinen Schatten trifft. Es ist auf dem Boden angekommen und bildet nun zusammen mit seinem Schatten eine Einheit.
Wie gehst du mit schmerzhaften Gefühlen um, die aufkommen? Lässt du diesen Raum oder lenkst du dich schnell mit etwas anderem ab?
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